Das Sprossenrad
Klemmende Einstellhebel bei Sprossenradmaschinen
Zur Gleitverhalten der Sprosse
Klemmende oder hakelnde Einstellhebel bei Sprossenradmaschinen
(nach oben)
Hierfür habe ich verschiedene Ursachen gefunden: a) verschmutzte (sogar verbogene) Sprossen und deren Schächte. b) ein verbogener oder beschädigter Einstellring, c) eine verschmutzte Einstellrasterung, d) Folgen des Verschleißes.
Sie können den Fehler leicht eingrenzen: Hakelt ein Einstellhebel nur bei bestimmten Sprossen, dann dürften Sprosse und Schacht verschmutzt oder abgenutzt sein. Ansonsten liegt es eher am verharzten oder beschädigten Einstellring. Oft genug spielen mehrere Abnutzungserscheinungen zusammen, und das bedeutet etwas Tüftelei. Es gibt Sprossenräder, an denen ich zwei Stunden gearbeitet habe, die meisten begnügen sich erfreulicherweise mit guter Reinigung.
Die beiden Abbildungen rechts zeigen ein Sprossenrad einer Triumphator. Links mit umlaufendem Einstellring(1); oben auf dem Bild ist gut zu erkennen, wie sie die Sprossen in Position bringt. Rechts mit abgenommener Einstellscheibe. Oben die Sprossen in ihren Schächten. Unten auf den Foto sieht man rechts und links die gefederten Hebel für den Zehnerübertrag (2). Ganz unten erkennt man eben die ebenfalls gefederte Einstellrasterung (3), die auf dem Innenzahnrad der Einstellscheibe läuft. Auch hier findet sich oft die Ursache für eine schwergängige Einstellung. Die untere Außenzahnung (4) nimmt bei der Rückübertragung die Einstellung des Resultatwerkes auf und überträgt sie über die obere Zahnung (5) in das Einstellwerk. Derartige Zahnungen finden Sie natürlich nur bei Maschinen mit Rückübertragungsfunktion.
Rechts - zur Anschauung, die Sprossenräder einer Facit aus den sechziger Jahren (mit den direkt auf dem Rad sitzenden Einstellziffern), darunter aus einer Original-Odhner von ca. 1955 und ganz unten aus einer Brunsviga M aus den zwanziger Jahren. Man erkennt, dass die aufliegenden Einstellringe jeweils weitere Funktionen tragen, das Prinzip der Sprossenverschiebung jedoch stets gleich ist. "Mercedes" hat Anfang der zwanziger Jahre ein anderes Sprossenradprinzip patentieren lassen, mir ist jedoch nicht bekannt, ob es je in Serie gebaut wurde.
Das Reinigen einer Trommel ist ein heikles Thema. Vorab: Handelt es sich um eine Trommel aus Zinkspritzguss, z.B. bei einer Felix oder Melitta, auch bei frühen DDR-Triumphators (CRN), dann schauen Sie sich als erstes die Trommel sehr genau an. Es kann ein Materialfehler vorliegen, denn dieses Billigmaterial unterliegt einer besonderen Ermüdung, es quillt auf und/oder zerfällt /"Zinkfraß"). In diesem Fall unternehmen Sie nichts und gönnen der Maschine ihre letzte Ruhe. Bevor Sie also eine solche Maschine kaufen, ist ein Funktionstest dringend anzuraten. Links, aus einer Triumphator CNR, die Trommel für den Zehnerübertrag des Umdrehungszählwerks. Das Metall ist aufgequollen und bröckelt ab.
Bei Trommeln aus Messing, Alu oder Kupfer (sehr selten): Lesen Sie zunächst diese Anleitungen zu Ende, und entscheiden Sie dann, ob Sie sich darauf einlassen wollen!
Das Reinigen der Trommel in jeder Form ist nur angesagt, wenn die Einstellung sehr schwergängig ist oder zu stark hakelt. Laufen die Einstellringe gut, ist sogar das oberflächliche Reinigen der Trommel zu vermeiden - man kann dadurch Schmutz in die Schächte reiben.
Und noch ein Hinweis: Vielbenutzte Maschinen bilden rund um die Sprossen ein winziges, jedoch bedeutsames "Bett" aus Metallabrieb, Schmutz und ev. Öl. In diesem Bett gleiten die Sprossen meist noch recht gut. Reinigt man diese Sprossen und das Sprossenrad, dann erhalten die Sprossen, jetzt ohne "Bett" plötzlich zuviel Spiel und hakeln nach dem Reinigen mehr als zuvor! Dies ist mit mehr als einmal passiert. Also als Grundsatz: Gleiten die Einstellringe auch nur mäßig gut, lassen Sie die Finger vom dem, was im Folgenden beschrieben wird und geben Sie sich lieber mit den Alterserscheinungen zufrieden!
Reinigen der Trommel (wie beschrieben, nur bei blockierten Einstellringen zu empfehlen)
Links: Fotos eines Sprossenrades, in dem nach dem Bad in Spiritus die Verschmutzungen nicht herausgewaschen wurden, sondern lediglich verklumpt sind oder sogar erst in die Schächte hineingespült wurden (unteres Foto).
Zerlegen der Trommel:
Haben Sie sie ausgebaut und die Sicherungen auf der Welle entfernt, ist das Zerlegen nicht weiter schwierig, und man lernt etwas über den Aufbau eines Sprossenrades. Viele Sammler und sogar "Schrauber" scheuen vor der Trommel zurück, dabei braucht man hauptsächlich Kraft (Lösen der Verschraubung) und dann Geduld beim Reinigen. Es gibt Arbeit an Rechenmaschinen, die noch mehr Fingerspitzengefühl und Aufmerksamkeit benötigt, zum Beispiel der Zusammenbau von Zählwerken, wenn Sie sie tatsächlich einmal komplett zerlegt haben.
Zum Üben kann man z.B. eine Felix (siehe dort) nehmen oder eine späte Triumphator, deren Trommeln lassen sich einfach ausbauen und zerlegen. Nehmen Sie keine Zangen dazu, sie verkratzen die Zahnräder. Für viele Tommeln brauchen Sie einen Zweilochmutterndreher oder Stirnlochschlüssel. Für andere wiederum benötigen Sie einen Maulschlüssel, den Sie eventuell flach schleifen müssen.
Meist müssen Sie ein Ende der Achse in den Schraubstock spannen. Vergessen Sie keinesfalls, das Zahnrad mit 4-5 mm Blei oder Stangenzinn zu polstern, sondern verkanten und quetschen Sie es unweigerlich! ("Karrosseriezinn", s. Foto links. Gibt es im Baumarkt oder hier.) Als ich das einmal vergaß, durfte ich das Zahnrad nachfeilen und dann das tun, was damals die Monteure mit Sicherheit auch machten, nämlich die Trommel mit hoher Geschwindigkeit fünf Minuten lang zu drehen, um die Zähne aufeinander einzuschleifen.
Manche Trommeln sind durch Metallstifte durch die Achse gesichert. Sie lassen sich in der Regel heraustreiben, dazu gibt es Profiwerkzeuge. Ich habe dafür an der Spitze abgeflachte, große und kleinere Stahlnägel, das geht auch. Ansonsten müssen Sie sie ausbohren und später durch passende neue Stifte (zurechtgefeilte Nägel) ersetzen.
Bild rechts: Am unteren Zahnrad ist das mit Stangenzinn gepolsterte Zahnrad in den Schraubstock eingespannt. Die Scheibe mit der Umdrehungssperre (hier eine Triumphator C) wird mit einem Zweilochmutterndreher gelöst.
Das zerlegte Sprossenrad
Wenn Sie ein Sprossenrad zerlegen, achten Sie darauf, dass die Sprossen sortiert werden und jede wieder in ihren eigenen Schacht zurückkommt. Besonders bei ganz alten Maschinen ist das unabdingbar! Zu den Problemstellen:
Reinigung
Vor allem den Schacht putzen! Sie werden regelmäßig schwarze Schmiere finden, die aus Staub und Abrieb zusammengesetzt ist. Rechts eines der Sprossenräder meiner Melitta 1. Die Schmiere ist ein Gemisch aus Eisenabrieb, Nickelabrieb vom vernickelten Einstellring und natürlich Staub pus Öl. Diese Schmiere ist prinzipiell nicht für das Hakeln verantwortlich, sondern kann sogar ein gleitfähiges Bett für die Sprosse bilden. Sie kann verdoch allmählich verkleben, vor allem, wenn früher mal nicht harzfreies Öl verwendet wurde.
Die Schächte mit Petroleum, Spiritus oder Terpentin ausbürsten. Dann nochmals mit einem Lappen oder Stückchen Küchenpapier (um eine spitze Pinzette gewickelt) ausputzen. Die Sprossen ebenfalls mit Terpentin oder Petroleum reinigen und sehr sauber und trocken putzen. Der geringste Rest verklebt die Sprosse! Anders als bei parallel aneinander gleitenden Metallen oder bei den Wellen führt eine Verharzung und Verklebung nicht zu lediglich schwergängigerem Lauf. Bei den Sprossen, bei denen die Kräfte im Winkel wirken, wirkt das es eher wie ein Keil unter einer Tür: Je mehr Druck, desto stärker das Verkleben und Blockieren.
Wichtig: Ist die schwarze Schmiere, die vom Metallabrieb stammt, entfernt, bedeutet das noch nicht, dass Schacht und Sprosse sauber sind. Die Verharzungen sind eher hell und deuten sich durch matte Stellen an. Polieren Sie also die Reibungsflächen mit der Minibohrmaschine, bis sie blank sind.
Legen Sie dann jede Sprosse in ihren Schacht und verschieben Sie sie mit einer Pinzette. Spüren Sie auch nur den allergeringsten Widerstand, reinigen Sie Sprosse und Schacht nochmals.
Ich lege die Sprossen in ein Terpentin- oder Petroleumbad, wichtig ist die Einhaltung der Reihenfolge. Dort lösen sich, wie man sieht, bereits Ölreste. Währenddessen putze ich die Schächte des Sprossenrades mit einer Zahnbürste und Spiritus (Terpentin geht auch, doch muss man das vollständige Abtrocknen abwarten oder den Schacht mit einem Lappen tocken putzen).
Die Sprossen mit Druck abreiben, am besten auf einem Stück Schreibmaschinenpapiers, dann nochmals in Spiritus halten und dann auf einem trockenen Tuch sauber abreiben. Am wirkungsvollsten ist dann die Politur mit der (sauberen!) Minibohrmaschinen-Stahlbürste.
Mit einer Pinzette prüfe ich das freie Gleiten, auch in leichter Schräglage der Sprosse in ihrem Schacht. Tritt auch nur der allergeringste Widerstand auf, dann putze ich den Schacht noch einmal und reinige ggf. die Sprosse mit der Minibohrmaschine.
Erst wenn die Reinigung kein Ergebnis erbrachte, dürfen Sie an den Sprossen selbst arbeiten. Ich wiederhole es gerne: Gleitet eine Sprosse nach dem Reinigen nicht fehlerlos, dann reinigen Sie Schacht und Sprosse nochmals, bevor Sie zur Feile greifen!! Sauberkeit ist auch beim Wiedereinbau der Sprossen oberstes Gebot.
Übrigens, zum Thema Feile: Manche Schlüsselfeilen hinterlassen winzige Scharten, da sie ja nicht zum Glattfeilen, sondern zur Abnahme von Material dienen. Meine Feilen sind etwa 50 Jahre alt, und sie feilen wirklich glatt! Sie bekommen im Fachhandel auch neue Feilen guter Qualität ("Nadelfeilen"). Zur Not geht auch eine Diamantnagelfeile, die man vorher an einem Stück Abfalleisen abnutzt.
Verschleiß
Der seitliche Dornfortsatz oder Nase der Sprosse hat unten links und oben rechts eine kleine Rundung. Sind dort Scharten erkennbar, mit der Nadelfeile nachschleifen, denn die winzigen, mit dem bloßen Auge unsichtbaren Scharten einer Feile behindern das Gleiten der Sprosse. Sprosse vor dem Einlegen reinigen, z.B. in Spiritus schwenken. Hilft das nicht (und der Einstellring ist ohne Scharten!), dann feilen Sie die Nase noch etwas runder. Vor allem alte Maschinen haben oft nur angeschrägte Sprossennasen (Bild links). Leichte Abrundung (rechts) verbessert das Gleiten, vor allem, wenn die Sprosse bereits wackelt.
Wackelnde Sprossen, das größte Problem: Die dauernde Reibung von Sprosse und Schacht kann vielleicht dazu führen, dass die Schachtwände abgerieben werden oder sogar die Sprosse in bestimmten Stellen schmaler wird und minimale Dellen bekommt. Allerdings gibt es auch Fertigungsungenauigkeiten, die sich erst bemerkbar machen, wenn Ölverklebungen hinzukommen.
Sie können jedenfalls ab und zu finden, dass die Sprosse im Schacht deutlich wackelt. Der Druck des Einstellrings führt nun zur beobachtbaren Verkantung der Sprosse in ihrer Längsachse. Haben die Sprossen scharfe Kanten, dann drücken diese gegen den Schacht und erschweren das Gleiten. Weiter unten habe ich das näher beschrieben. Gibt es nun noch kleine Scharten am Einstellring oder leichte Abnutzung an der Sprossennase, so summieren sich die Effekte.
Die Sprossen früher Maschinen haben oft scharfe Grate, vor allem am unteren Ende, die man mit der Silikonscheibe glättet. Erst wenn Sie mit dem Entgraten der Sprosse keinen Erfolg haben, dürfen Sie die Sprossennase wiederum etwas abrunden, wie zuvor beschrieben. Sehr wichtig und noch einmal: Nach dem Feilen oder Glätten mit der Silikonscheibe muss die Sprosse sorgfältig von Spänen und vor allem vom Abrieb der Silikonscheibe gereinigt werden!
Und nochmals: Feilen Sie erst dann an der Sprosse, wenn auch das pingeligste Reinigen keinen Erfolg brachte!!
Reinigung der Einstellsperre:
Die Zahnradrasterung und den Sperrstift ebenfalls mit Spiritus säubern. Beides gleich leicht ölen, diese Stelle ist später schwer erreichbar. Prüfen Sie das Gleitverhalten der Einstellrasterung vor dem Einlegen der Sprossen. Die Spitzen der gefederten Stifte können abgenutzt sein, dann hakt es. Man erkennt dann ev. eine leichte Delle vom Abrieb. Mit der Silikonscheibe plan schleifen.
Beschädigter Einstellring
Kontrollieren Sie zunächst, ob der Einstellring gleichmäßig eng am Sprossenrad gleitet! Ein im Sektor der Sprossen auch nur leicht verbogener oder lockerer Einstellring führt zu Verkantungen an den Sprossennasen.
Bei sehr beanspruchten Maschinen kann der Einstellring an jenen schrägen Stellen verschlissen sein, an denen die Sprosse nach außen oder innen gedrückt wird. Das ist meist die Folge des Hakelns, man drückte mit Kraft über die Stelle. Sorgfältig und sehr gerade nachfeilen, am besten mit einer Nagelfeile mit Diamantbeschichtung. Anschließend mit feinem Nassschleifpapier nachglätten, dann noch mit einem Stück Metall (z.B. der Spitze eines kleinen Schraubenziehers) "polieren". Achtung, kleinste Abweichungen von einer geraden Führung führen zu neuem Hakeln.
Finden Sie einen derart verschlissenen Ring, dann kontrollieren Sie die Sprossennasen besonders sorgfältig. Ev. gibt es einen scharfkantigen Übeltäter, der den Ring mit der Zeit ruiniert hat, oder die Scharte hat die Sprossennasen verletzt.
Man darf in Problemfällen auch den Anstellwinkel im Druckbereich verkleinern (etwa einen halben Millimeter an der Innenkante, rechtes Bild: rote Linie). Dadurch gleiten die Sprossen deutlich leichter. Bei meiner Brunsviga M war dies die letztlich entscheidende Hilfe.
Sie sehen, das Ganze erfordert Tüftelei, und es gibt keine Erfolgsgarantie. In den meisten Fällen hilft jedoch ein wenig Nacharbeiten, und das Erfolgserlebnis entschädigt allemal.
Reinigen Sie alle Teile vor dem Zusammenbau nochmals in einem Benzin- oder Spiritusbad, um Schmutz und ev. Feilspäne zu entfernen! Das Ölen der Sprossen ist überflüssig! Die Sprossen liegen im Bereich der Maschine, die dem meisten Staub ausgesetzt ist, also unterhalb der offenen Einstellschlitze. Öl hilft beim Gleiten der Sprosse sowieso kaum, da die Kräfte NICHT parallel arbeiten, sondern im Winkel. Und dann haftet der Staub an öligen Sprossen gut an und wird beim Einstellen in den Schacht gezogen.
Der Rasterung des Einstellrings (siehe Bild oben, Punkt 3) bekommt ein wenig Öl in jedem Fall gut. Da Ihre Maschine ja nicht mehr zum Dauereinsatz kommt, können die Vorteile von Öl (Abriebminderung, bessere Gleitfähigkeit) in Nachteile umschlagen. Verharzungen können Sie zwar dadurch vorbeugen, dass Sie ausschließlich harzfreies Feinmechanikeröl verwenden, aber Öl zieht auch Staub und Schmutz an.
Prüfen Sie, ob die Zehnerhebel des Sprossenrades gut gleiten und federnd zurückschnellen. Auch dort sammeln sich Schmutz und Rost an.
Ich kann nicht alle möglichen Fehler beschreiben, es gibt noch anderer, kleinerer Art. Sie finden das selbst heraus. Eine Trommel zu zerlegen, zu reinigen, Fehler zu beheben und dann wieder zu montieren dauert mindestens einen halben Tag!
Zum Gleitverhalten der Sprosse
(nach oben)
Im Zentrum der Odhner'schen Erfindung steht der oben erkennbare, ausgeschnittene Einstellring, der die Sprossen herauschiebt oder wieder einzieht. Er umschließt die kleinen Fortsätze der Sprossen. Hier ist gleichzeitig das zentrale Problem des Systems zu erkennen, denn es wird eine waagerechte Bewegung dadurch in eine senkrechte umgewandelt, dass der Druck gleitender Teile im Winkel von ca. 45° erfolgt. Das heißt, die Sprosse möchte sich eigentlich nicht senkrecht, sondern schräg (und das in mehrere Richtungen gleichzeitig) bewegen und drückt gegen die Schachtwände. (Diese Probleme wurden übrigens bereits früh beachtet. Aus dem Jahre 1921 stammt eine Patentschrift der Mercedes-Werke, die ein verbessertes Sprossenradsystem vorstellen möchte. In die erste Sprossenradmaschine des Werkes aus dem Jahre 1924 wurde jedoch das konventionelle Sprossensystem eingebaut).
Auf dem Foto rechts ist eine ungereinigte Sprosse von allen Seiten abgebildet. Die Stellen stärkerer Reibung sind blank geblieben, dort konnte sich kein Abrieb festsetzen. An den gleichen Stellen macht sich auch der Widerstand der Ziffernräder bemerkbar, das heißt, die Sprosse wird durch die Zahnräder gegen den Schachtrand gedrückt. Bei alten Maschinen, die mit starken Federn arbeiten, kann man an den Sprossen regelrechten Abrieb und Scharten beobachten.
Vergegenwärtigt man sich die Druckverhältnisse und die Fortsetzung des Druckes (oberer Teil der Zeichnung links), erkennt man, dass der seitlich drückende Einstellring (grün) die Sprosse zwar nach oben umlenkt, dass sie aber gegen den Uhrzeigersinn kippen möchte. An den mit blauen Pfeilen markierten Stellen wirkt also leicht erhöhter Druck auf die Sprossenschächte. Schmutz an diesen Stellen macht sich besonders bemerkbar.
Im unteren Teil der Zeichnung sieht man Sprosse und Schacht von der Stirnseite. Es ist leicht erkennbar, dass der grüne Einstellring die Sprosse zusätzlich gegen den oberen, rechten Schachtrand drückt (Pfeil).
All diese schrägen Druckverhältnisse wirken sich kaum aus, wenn die Passgenauigkeit ein Verkanten der Sprosse nicht zuläßt. Sind jedoch Schacht und Sprosse nicht passgenau gefertigt oder kam es zur Abnutzung des Schachtes (Auf der Abb. rechts unten), dann wirken sich die Verkantungen aus, noch stärker als Schmutz. Es gleiten nicht mehr Flächen aneinander, sondern die Sprossenkanten gleiten an der Schachtwand (Punkte 2, 3 und 4). Kleinste, mit dem Auge nicht mehr sichtbare Kratzer oder Scharten an der Sprosse führen unweigerlich zum Hakeln, und zwar nach dem Reinigen mehr als zuvor, da die isolierende Schmutz- und Fettschicht fehlt. An Punkt 1 reibt sich das Einstellrad nicht mehr nur an der Sprossennase, sondern zusätzlich am Körper der Sprosse, der nach oben gedrückt wird.
Es wird klar, weshalb Öl hier nicht hilft. Öl kann den Gleitwiderstand von parallelen Metallteilen mildern, aber keinen Druck abschwächen, wenn die Teile schräg aufeinanderstoßen. Der Versuch, dem Hakeln mit Öl beizukommen, hat also nur dann Erfolg, wenn das Öl die Rückstände auflöst und die Teile ansonsten passgenau sind. Auch Lösungsmittel haben nur dann Erfolg, wenn sie in den winzigen Zwischenräumen fließen können.
Wichtiger als routinemäßiges Nachfeilen ist genaues Beobachten und Probieren nach jeder Bearbeitung. Nicht Vergessen, dass vor allem an den Druckstellen 1, 3 und alles sehr glatt sein muß, ebenso wie am kurzen Ende der Sprosse; und stets den Einstellring genau prüfen. Und immer wieder: Äußerste Sauberkeit!
(Zur Genauigkeit der Fertigung der Sprossenradscheibe einer Brunsviga siehe bei Peter Kernwein.)
Nachträge:
1. Erst ein paar Jahre nach dem Verfassen dieser Detailschilderung öffnete ich zum ersten Mal Sprossenräder einer Original-Odhner (Modell "19"). Hier fand ich, dass man bereits Mitte der zwanziger Jahre wusste, wie man eine perfekte Sprosse herstellt, doch die meisten deutschen Hersteller übernahmen die anspruchsvollere Fertigung schwedischer Machart nicht. Man erkennt, dass alle Schwachpunkte bereits beseitigt sind: Es gibt keine scharfen Kanten, die Enden und die Nase selbst sind gerundet (die Nase ist erkennbar herausgedreht worden), und der Übergang von Nase zu Sprossenkörper ist tiefer gelegt (vergl. Punkt 1 auf der obigen Skizze). All diese Merkmale fand ich bei den meisten anderen Herstellern erst bei den Nachkriegsmodellen.
2. Kürzlich restaurierte ich eine Berolina von etwa 1910-1915 und fand den rechts abgebildeten Sprossentyp. Man erkennt, dass die beiden kritischen Punkte, an denen die Sprosse vom Einstellring bewegt wird, deutlicher abgeschrägt wurden als üblich. Auch diese Sprossen gleiten noch heute ohne das geringste Hakeln.
2. Es ist vielleicht erwähnenswert, dass das Sprossenrad, wie es Baldwin 1872 patentieren ließ (Abb. rechts, aus Martin, S. 77), etwas anders aufgebaut war. Der Einstellring des Baldwin'schen Sprossenrades drückt die Sprossen nur nach außen, die jeder Sprosse eigene Feder drückt sie selbstständig wieder zurück, wenn der Einstellring sie freigibt. Auch die Führung der Sprossen ist anders. Die Mechanik erscheint weitaus weniger anfällig für Fehler im Gleitverhalten, insbesondere das seitliche Verdrehen. Diese Federung und Führung der Sprossen sollte übrigens in der Tastatur-Sprossenradmaschine der Triumphatorwerke wieder auferstehen, doch kam es dort zu keiner Produktion.