Home





Links









Copyright Detlev Bölter

zurück

Mercedes-Gauss

 

Auftragsrestaurierung


Hersteller: Mercedes-Bureaumaschinen-Gesellschaft mbH Berlin
Baujahr: 1908-1911
Seriennummer: 1635
Funktion:

Runde Rechenmaschine, Staffelwalzenprinzip unter Verwendung eines zentralen, mehrteiligen Staffelplattenelements („Schaltscheibe“), radiale Anordnung der Zählwerke.

Beschreibung:

Defekte: Addition korrekt, jedoch Blockade der Maschine beim Versuch einer Subtraktion. Rundschlitten schwergängig. Erhebliche Kratzspuren an der Kurbel und deren Achsbefestigung zeigen, dass die Maschine zuvor unsachgemäß geöffnet wurde, zumindest versuchsweise.

Verlauf der Restaurierung: Maschine geöffnet, Staffelplatte von der Einstellplatte getrennt. Blockade der beweglichen Staffelplatte gelöst. Drehrichtungssperren korrigiert und gesichert. Überlaufglocke korrigiert. Schlittenring gängig gemacht. Haubenbefestigung: angebrochene Öse durch Provisorium ersetzt (Originalteil nicht beschaffbar).
Kratzspuren an der Kurbelwelle entgratet und leicht poliert.
Oberflächen von Maschine und Haube gereinigt, Ledergriff gefettet.



Anmerkungen:

Bei beiden Mercedes-Gauss, die ich bisher restaurierte, erscheint der gleiche Fehler: Der Add-Sub - Umschalterknauf rastet bei Nullstellung der Kurbel (auf dem Kurbelbock) nicht ein. Die Kurbel muss hierzu ein bis zwei Millimeter verdreht werden, dies unter konstantem Druck des Umschalters, bis dieser einrastet. Ein erheblicher Bedienungsmangel, sicher eine Folge von Verschleiß und vielleicht mitunter robustem Umgang mit der Kurbel.

Links intern:
Links extern: Flash-Modell von Stephan Weiss
Zur Geschichte plus Bedienungsanleitung, von Stephan Weiss
Literatur: Martin S. 164
Download:


Umgedrehte Deckplatte mit den Einstellwellen, Umdrehungszähler (links, die "halbe" Welle), Add-Sub-Umschalter rechts oberhalb der Glocke.
Die äußeren Zahnräder greifen in den Sockel der Maschine in die Resultatwerke ein.


Scheibe unterhalb der Deckplatte mit dem Staffelplattenelement, das zum Teil fest, zum Teil beweglich ist.
Die darüber abgeb. Deckplatte wird (umgedreht) aufgesteckt, so dass die Einstell-Zahnräder von den rotierenden Staffelplatten erfasst werden.
Unten rechts die Passungen für den Add-Sub-Umschalter


Die obige Scheibe von unten gesehen. Der mit der großen Zentralschraube befestigte Hebel ist das Gegenstück zu der verdrehbaren Scheibe mit den Passungen für den Add-Sub-Umschalter. Dieser Hebel drückt den beweglichen, gefederten Teil der Staffelplatte (rechts unten) herunter oder gibt ihn frei.


Hier bei ausgebautem, beweglichen Teil der Staffelplatte. Dieser Teil (mit Stiften auf der Unterseite, siehe Foto oben) wird bei der Subtraktion für das Rechnen mit Neunerkomlement durch die Löcher gedrückt.


Die von den Zahnrädern der Deckplatte gesteuerten Zählwerke (Resultatzählwerk, Umdrehungszählwerk). Die radialen Wellen gehören alternierend entweder zum RZW bzw. UZW). Der verdrehbare Kranz mit den Schaulöchern zeigt entweder das Resultat oder die Umdrehungen.


Zur Ergänzung:
Ein Detail aus einer anderen Mercedes, die ich reparieren durfte. Dieser, hier etwa fünffach vergrößerte Bolzen, sitzt, wie auf dem obersten Bild gerade noch erkennbar, am äußeren Ende jeder Einstellwelle. Er trägt einen gefederten Sperrhebel, der sowohl als Drehrichtungssperre der Schaltscheibe dient wie auch als Sperre der Einstellung, während die Staffelplatte dieselbe abgreift. Dieses winzige, filigrane Teilchen ist verschleißanfällig, hier kann sich abnutzungsbedingt der Hebel soweit heben, dass - wie geschehen - sich die Feder aus der Mitte des Bolzens herausquetschen konnte. Dies führte zur Blockade der Schaltscheibe.

 

 

Ein weiterer Konstruktionsmangel: Der oben genannte Bolzen wird durch eine Schraube gehalten und gesichert, deren Kopf außen am Gehäusedeckel sichtbar ist (unteres Foto). Drehte man diese Schraube von außen, verdrehte sich der Bolzen, und auch das führte zur Blockade.
In der Bedienungsanleitung wird zwar ausdrücklich davor gewarnt, diese Schrauben zu verdrehen, doch wird hier die Regel missachtet, Funktionsteile konstruktiv von der Verkleidung zu trennen.

Die "Mercedes-Gauss", das Endprodukt aus den Vorläufern "Gauss", "Hamann 1" und ev. "Petersson" (mehr dazu hier), wurde als innovative und geniale Leistung gefeiert. Dass sie sich nicht durchsetzen konnte und bald vom Markt verschwand, wird meist mit den ergonomischen Nachteilen radial angeordneter Einstellung und schlechter Ablesbarkeit begründet. Möglicherweise kam als weiterer Nachteil die Störanfälligkeit hinzu - so genial die Konstruktion war, so wenig robust war sie in manchen Teilen. Ich denke, es wurde die Grenze der damals fertigungstechnisch machbaren Miniaturisierung überschritten.