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Mercedes-Melitta



Inzwischen Eigentum der Universität Greifswald

Hersteller: Mercedes Büromaschinen-Werke, Zella-Mehlis (gebaut von CARL WALTHER Waffenfabrik, Zella-Mehlis i. Thüringen).
Baujahr: 1926/27
Seriennummer: 2432
Funktion: Vierspezies-Sprossenradmaschine, 9x8x13, ohne Zehnerübertrag im Umdrehungszählwerk, mit Original-Holzbrett. Daumenschalthebel für den Schlittensprung nach links. Baugleich mit der "Walther 1".
Beschreibung: Diese Mercedes-Melitta (sogenannte "Melitta 1", in Abhebung von den späteren Melittas aus den Fortuna-Werken) wird in Sammlerkreisen als das früheste Mercedes-Modell angesehen. Gerne weise ich darauf hin, dass ich ein noch früheres, in Sammlerkreisen wohl nicht bekanntes Modell auftreiben konnte.
Es wird meist angenommen, dass Mercedes und Walther diese "Melitta 1" gemeinsam herstellten bzw. dass Walther der eigentliche Hersteller war und an Mercedes zurücklieferte. Auch die "Walther 1" ist noch baugleich, soweit ich weiß. Ich vermute, dass Mercedes zwar einige Patente und auch Gußformen besaß, die eigentliche Produktion jedoch von Anfang an bei Walther stattfand. Die Melitta trägt auf der Rückseite jedenfalls nur den Firmenvermerk "Mercerdes-Werke".

Bei dieser Mercedes-Melitta ist innen kein Walther-Logo zu finden, wie es ganz zu Anfang der Produktion eingestanzt wurde. Sie trägt die bekannten Merkmale wie die "Leertaste", die - direkt gekoppelt mit dem Daumenschalthebel unterhalb der Kurbel - den Schlitten um eine Stelle nach links versetzt - erleichternd für die Division. Der Schlitten wird dafür stets in Zugspannung gehalten, dazu dient eine Spiralfeder im Sockel. Der Frontknopf löst den Schlitten und läßt ihn in beide Richtungen verschieben. Einen Schalthebel für den schrittweisen Transport nach rechts gibt es noch nicht, das ist im Vergleich mit dem Schlittentransport der Ur-Melitta sogar ein Rückschritt.

Ich habe versucht die Kooperation von Walther und Mercedes noch einmal zusammenzufassen (PDF-Datei).

Man hatte gerade das Verchromen erfunden, davon versprach man sich wohl eine Menge Rostschutz. Also wurde alles Eisen verchromt, sogar die Sperren und Hebel der Zählwerke. Natürlich hatte sich der Chrom an allen Reibungsstellen gelöst, ob nun mit oder ohne Rost darunter. Das bedeutet für unsereins eine Menge Geduld und Silikonschleifscheiben!

An weiteren Veränderungen seit der Ur-Melitta ist anzumerken: Das RZW wurde jetzt mit Bakelit-Ziffernrädern ausgestattet. Das UZW trägt hingegen noch die Alu-Räder, die jedoch solider gefertigt wurden - bei der Ur-Melitta wackelten sie. Die immer noch mit der Thales baugleichen Flügelschrauben werden jetzt weniger stark gefedert, so dass dort kaum noch Abrieb zu finden ist.
Abgesehen von einigen völlig festgefressenen Schräubchen, deren Kopf beim Lösen abbrach, war der fehlende Flügel der UZW-Löschung zu ersetzen (aus einem Blech ausschneiden, anschweißen, feilen).

Die Maschine kam in sehr "originalem" Zustand zu mir, mit anderen Worten, eine komplette Restauration war fällig. Technisch war sie, abgesehen von dem fehlenden Flügel der UZW-Löschung, in Ordnung, allerdings war alles rostig und die Mechanik schwerfällig und verklebt. Unten zuerst ein Foto des Urzustandes. Da die Haube offensichtlich seit langem fehlte, sah die Maschine innen entsprechend aus, Schmutz und Rost überall. Ich habe alles komplett zerlegt, auch die verklebten Sprossenräder und den rostigen Kurbelbock. Die zuvor verchromten Außenteile (Kurbel, Löschkamm, Sockel usw.) wurden blankgeschliffen, jedoch nicht neu verchromt.



Anmerkungen: Nachtrag zur Geschichte der Walther-Werke bzw. der Marke "Melitta": Im allgemeinen wird angenommen, dass die Walther-Werke bei Kriegsende zerstört und alles Brauchbare demontiert und nach Russland gebracht wurde. Allerdings gab es noch eine mehrjährige Nachkriegsproduktion von schwarzen Walther-Maschinen in Zella-Mehlis, auch wenn die Fabrik jetzt "August-Bebel-Werk" und die Maschinen nur noch "Melitta" hießen. Die Plakette einer "RMKZ/16" (eine eindeutige Walther-Modellbezeichnung) und eine Zeigungswerbung weisen dies nach. Gleichzeitig wurden in Westdeutschland ab 1949 "bunte", verbesserte Modelle mit dem "Walther-Logo produziert.

Links intern: siehe "Ur"-Melitta
Kooperation von Walther und Mercedes noch einmal zusammenzufassen (PDF-Datei).
Links extern:
Literatur: 1) Martin S. 380.
2) Reese, S. 87. Hier ist bereits die baugleiche "Walther 1" abgebildet.
Download:

Vorher ...

Der Urzustand. Mehr Rost als Lack, dazu die abblätternden Reste der Verchromung, jedoch komplett bis auf den abgebrochenen Flügel der UZW-Löschung.
Es ließ sich alles noch leidlich bewegen, doch das Foto - in der Sonne gemacht - schönt noch den Gesamtzustand. Eine Mercedes-Melitta für 50 Euro bekommt man jedoch nicht alle Tage, und das Projekt einer Vollrestaurierung reizt mich ja immer.

... und nachher.

 


Angezeichneter Rohling des fehlenden UZW-Löschflügels, der später vorsichtig angeschweißt wurde.



Das gleiche Sprossenrad wie bei der Ur-Melitta, nur die Einstellsperre wurde leicht verändert - erkennbar an der jetzt ovalen Öffnung.


Mit einem Sprossenraddurchmesser von 4,9 mm zählt die Melitta zu den Miniatur-Sprossenradmaschinen, nur die Brunsviga M ist noch um einen Millimeter kleiner.

Von unten gesehen. Der Daumenschalthebel rechts ist direkt mit der Wippe verbunden, die den Schlitten für die Division nach links zieht. Man erkennt das gelochte Querstück, das nach oben zu der Wippe führt.
Für die Spannung sorgt die Spiralfeder, die an der Schlittenunterseite ansetzt. Federn dieser Art haben den Nachteil, dass sie zu Anfang eine hohe, dann jedoch eine nachlassende Spannung bewirken, dieser Effekt ist umso stärker, je kürzer sie sind. Zum Schluß reicht die Federkraft nicht ganz, um den Schlitten bis nach ganz links zu ziehen. "Die Uhrfeder" der Thales, die das gleiche bewirkt, wirkt im Vergleich altertümlich, hat aber einen besseren Wirkungsgrad.
Später gab man ja diesen Schlittenzug ganz auf, zugunsten der vor- und rückwärtigen Daumenschaltung. Der Nachteil des Zuges ist, dass man bei jedem Stellenwechsel bei der Multiplikation den Schlitten spannen muss und damit unnötig Kraft aufwendet.