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TIM Modell III



Hersteller: Ludwig Spitz GmbH & Co, Berlin
Baujahr: ab 1909
Seriennummer: 4264
Funktion: Staffelwalzenmaschine 8x9x16 ("Größe III") im Gusssockel, mit Metallhaube.
Beschreibung: Nach den ersten Holzkastenmaschinen, die Ludwig Spitz ab 1907 baute, folgte 1909 die TIM als in einigen Funktionen verbesserte Ausführung. Dies betraf vor allem den Zehnerübertrag und die intelligente und variable Nullstellung des EZW per einzelne und Gesamt-Löschhebel. Es gab verschiedene Größen und auch Ausführungen mit Tastatur. Auch der Gusssockel und Details der Bedienelemente variierten - der eckige Sockel meiner TIM ist wohl eine spätere Form. Ausführlich hierzu die unten zitierte Literatur (Martin und Reese); schöne Bilder auf Herbert Schneemanns Homepage.

Der Zehnerübertrag erfordert ja stets eine Rückgabe der in der Ziffernstellung enthaltenen Information an das Rechenwerk. Schaut man sich die Lösung, die Spitz' Ingenieur Robert Rein erfand (engl. Patent), genauer an, bemerkt man vielleicht Ähnlichkeiten mit dem Prinzip des Zehnerübertrags bei Sprossenradmaschinen. Reins Lösung wurde von Martin lobend hervorgehoben, und tatsächlich arbeitet diese seit Leibniz und Pascal als so kritisch und störanfällig betrachtete "Informationsrückgabe" fehlerlos.

Es gab - technisch gesehen - nichts zu reparieren, Staffelwalzenmaschinen arbeiten ja ohnehin mit minimalem mechanischen Abrieb, und die Schäden der Zeit (Schmiere, Staub und Flugrost) konnten dem Werk kaum etwas anhaben. Ausnahme: einige der kleinen Zehnerhebelmechanismen waren verklebt und mussten gängig gemacht werden. Siehe unten.
Ich habe also "nur" gereinigt und poliert, unten sehen Sie einige Detailfotos. Mit Zerlegen und Zusammenbau waren das immerhin 30 Stunden Arbeit. Die Gummikappen der hinteren Holzfüße waren verschwunden, ich habe sie erneuert. Den auf der Grundierung (Brünierung) aufgebrachten schwarzen Lack habe ich nur gereinigt und aufpoliert. Die Ziffern des UZW waren wegen Abriebs (und dem so oft anzutreffenden Herumgestochere mit Stiften) kaum noch lesbar, ich habe sie neu eingelegt.
Die Haube wies flächige Rostflecken und Abplatzer auf. Da der Lack jedoch im Original nicht glatt, sondern wie vernarbt aussah, habe ich mich mit einer Schicht des sehr praktischen Rostumwandlers "Tanno" begnügt (Foto unten).



Anmerkungen: Die Maschine stammt aus den USA (Ludwig Spitz hatte eine größere Anzahl von Maschinen exportiert, USA-Vertrieb: Times Into Company of Chicago Illinois). By the way, wer je aus der Nicht-EU importiert: Die Zollnummer, die man angeben muss und die einen zollfreien Import alter Rechenmaschinen gewährleistet, lautet 8470 3000 00 0.
Ich hatte zuvor die Archimedes restauriert, doch hatte ich damals noch zu viel Scheu und Respekt, um das Rechenwerk komplett zu zerlegen und zu reinigen. Dies wollte ich nun mit der TIM als "Einstiegsmodell" nachholen. Dass es an der Zeit war, zeigte der erste Blick in das völlig verstaubte und von Flugrost bedeckte Innenleben.
Übrigens, in den USA hat jemand ausgerechnet, dass die TIM damals den Gegenwert von heutigen 10.000 US-Dollars kostete. Wer eine solche Maschie einmal zerlegt und wieder zusammengebaut hat, kann das ohne Mühe nachvollziehen. Nicht nur, dass das viele Messing hohe Materialkosten bedeutete, viel teurer war die Handfertigung vieler Teile und das nochmalige, zeitaufwändige Anpassen der Einzelteile während der Endmontage. Perfektion war damals eben noch Handarbeit.
Die TIM trägt die üblichen äußerlichen Benutzerspuren, doch schnurrt sie nach der Restaurierung so einwandfrei wie am ersten Tag. Der nächsten Restaurierung nach weiteren 100 Jahren kann sie also gelassen entgegensehen ...

Die Bedienungselemente der TIM sind relativ groß gehalten, einer der Gründe für den geringen Abrieb auf den Flächen. Dennoch haben viele Benutzer oder Sammler die Messingdecken der Gusssockel-TIM blank poliert, vor allem in den USA (siehe auch hier), das verbessert das doch recht klobige Design etwas. Man kann das jederzeit nachholen, falls man mit Zaponlack arbeiten möchte und ein Wohnzimmervitrinenstück will. Meine Archimedes habe ich so behandelt und mir Rüffel aus der Szene eingehandelt. Erneut schwarz lackieren würde ich die Decken bei dieser Maschinengattung jedoch nicht (vergl. hier).

Links intern:
Links extern: Über Ludwig Spitz
Rechnerlexikon
Rechenmaschinen-Illustrated
Literatur: Reese, S. 37,38
Martin S. 202 ff. (Zitat aus Burghagens Zeitschrift für Bürobedarf, 1934, 288)
Download:

In diesem Zustand kam die TIM zu mir. Man erahnt die Arbeit, die mir bevorstand. Oben rechts sieht man übrigens die Mechanik des von der rechten Staffelwalze angetriebenen UZW. Rechts unten die Unterseite des Schlittens, links unten einer der Einstellschieber mit eingebautem Einstellkontrollrad.


Einer der Einstellschieber (Originalzustand links darüber), zerlegt und gereinigt. Wie bei allen frühen Maschinen ist die Solidität der Teile beeindruckend.


Nur für diejenigen Leser, die mit dem Staffelwalzenprinzip nicht vertraut sind:
Linkes Foto: Die senkrecht gelagerte Kurbel gibt den Antrieb im 90°-Winkel an die Frontwelle weiter, die alle Staffelwalzen permanent antreibt (1). Der Einstellschieber hat zuvor das Zahnrad (2) an eine bestimmte Position auf der Vierkantwelle geschoben. Diese Position legt fest, wie weit das Zahnrad von der Staffelwalze gedreht wird. In der obersten Position (auf dem Bild ganz nach rechts geschoben) wird das Zahnrad 9 Mal (9x36°) weitergedreht, auf der untersten (linken) Position ein Mal, und zwar von der längsten Feder. Die Kurbel befindet sich auf dem Foto bereits in Drehung, und die Staffelwalze greift gerade mit der fünften Feder (danach mit den Federn 4, 3, 2 und 1). Die Anzahl der Weiterbewegungen wird direkt auf die Zahnräder (3) weiter gegeben, welche die hier nicht abgebildeten Ziffernräder des Resultatzählwerks drehen. An dieser Stelle (3) liegt der Schlitten auf.
Auf beiden Fotos ist die Lagerung des zum Schutz gegen unerwünschte Benutzung abnehmbaren Kurbelgriffs zu erkennen. Hebt man die leicht überstehende Federzunge an, ist die Kurbel abziehbar.


Links: Das patentierte Herzstück des Zehnerübertrags der TIM, erfunden von Robert Rein. Wie immer wird die Zehnerstelle per Einzahn vom Resultat-Ziffernrad zurückgegeben, hier über einen Messinghebel. (Siehe oberes linkes Foto, Ziffer 4, an der Tragschiene anliegend)). Der Messinghebel drückt den Stift (1) durch den Träger gegen den mittig gelagerten Hebel (2). Dieser bringt mit seinem anderen Ende (3) einen weiteren Einzahn in Position, der die benachbarte Staffelwalze um einen Zähler weiter transportiert. Ein gefedertes Hebelchen (4) schnappt dabei um den Einzahnhebel (3) herum und hält ihn in Position, bis es nach erfolgtem Zehnerübertrag von der Staffelwalzenachse wieder in die Ausgangslage zurückgedrückt wird.

Ich habe dieses Teil abgebildet, da es eine Neuheit darstellte und vor allem deshalb, weil es aufgrund seiner vergleichsweise filigranen Konstruktion anfälliger gegen Verschmutzung ist als andere Teile der Mechanik. Hakelt der Zehnerübertrag Ihrer TIM, dann schauen Sie zuerst, ob die Hebelchen (3) und (4) frei beweglich und leichtgängig sind und die winzige, unsichtbare Feder den Hebel (4) stets wieder in die abgebildete Ausgangsposition befördert. Hebel (4) ist auf einem Stift gelagert, den Sie möglichst nicht heraustreiben sollten, um die Messingführung nicht zu quetschen. Abhilfe: Ein kleines Lösungsmittelbad, den Hebel immer wieder bewegen und herausgedrückte Rückstände sorgfältig entfernen.


Die Oberfläche der selten erhaltenen Blechhaube ist mit einer Art Hammerschlaglack bedeckt, daher die kleinen Buckel. Ich habe eine dünne Lackschicht darübergelegt, um die vielen Fehlstellen auszugleichen. Wie so oft war die Haube gewaltsam geöffnet worden, doch das Schnappschloss war intakt. Den Schlüssel habe ich nachgefertigt.
Der Deko-Streifen war nicht erhalten, jedoch als Fehlstellen im schwarzen Lack erkennbar. Ich habe ihn silbern nachgezogen, er verbessert das Ofenrohr-Design deutlich. Oder war er goldfarben?
Der Schriftzug "TIM" war auf der Haube nicht zu erkennen.