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Archimedes C 20

Hersteller: Glashütter Rechenmaschinenfabrik Reinhold Pöthig, Glashütte, Sachsen
Baujahr: ca. 1913
Seriennummer: 5906
Funktion: Vierspezies-Staffelwalzenmaschine mit durchgehendem Zehnerübertrag in allen Werken, 10x11x20, mit obenliegendem Einstellkontrollwerk.
Beschreibung: Die "Archimedes C" wurde in vier Ausführungen, mit 13- bis 24-stelligem Resultatwerk gebaut, die Anzahl der Stellen findet sich in der vollständigen Modellbezeichnung wieder. Die "C 20" kostete damals laut Martin 1100 Reichsmark, zum Vergleich: Ein Facharbeiter verdiente um die Jahrhundertwende etwa 100 Reichsmark im Monat.
Frühere Archimedes waren noch brüniert, wie es bei den alten Staffelwalzenmaschinen üblich war, diese war bereits lackiert. Der Sockellack war ziemlich marode, und nach dessen Restaurierung entschloß mich, auch die Lackreste der Messingbleche abzunehmen. Dort war der Lack nicht nur abgerieben, sondern auch kantig und unschön abgeplatzt, die Patina der brünierten Maschinen wies meine Archimedes leider nicht auf.
Manche halten die Entfernung des Lacks für ein Sakrileg, und ich habe schon Schelte aus Sammlerkreisen bezogen (ein Lob über die etlichen Stunden der gründlichen technischen Überholung blieb freilich aus). Schande über mich. Mir geht es jedoch letztlich mehr um den Erhalt und die Würdigung der Technik als um Lackschichten, selbst wenn andere Leute darin historisch wichtige Details finden wollen. So, wie sie ist, gefällt sie mir sehr gut.
Äußerlich also komplett restauriert, das Messing poliert und mit Zapon lackiert. Sämtliche Zählwerke zerlegt und gereinigt, Rechenwerk gereinigt. Drei angeschlagene Blattfedern repariert, zwei Spiralfedern ersetzt. Und Gummifüsse montiert. Mehr war nicht zu machen, die Archimedes funktioniert in allen Bereichen einwandfrei. Es sind alle Rundungsknöpfe vorhanden ebenso wie die originale Transportfeststellschraube. Ein seltenes und historisches Stück.


Anmerkungen: Das übersichtliche Innere und die Funktionsweise einer alten Staffelwalzenmaschine zu studieren ist ein Genuß! Überall sind die handgefertigten Einzelteile zu erkennen, so sind auch die winzigen Rundungsknöpfe von Hand gedreht! Trotz meiner anfänglichen Bedenken, den Lack der Abdeckbleche zu entfernen, bin ich mit dem Restaurierungserfolg sehr zufrieden, die Detailfotos dokumentieren die Schönheit der Maschine. Einige Sammler raten, wenn, dann wieder schwarz zu lackieren - das kann ich ja immer noch nachholen. Mir ist allerdings nicht bekannt, wie die zum Teil sehr feinen Einprägungen usprünglich aussahen, ob mit Farbe eingelegt oder ob das Messing sichtbar war. Die heutigen Lacke, zumindest die ich verwende, erlauben nicht den sehr dünnen Farbauftrag von früher, der für mich ein Geheimnis ist (Schellackpolitur?).
Den Frontschriftzug möglichst original zu erneuern, ist ein eigenes Abenteuer. Nach einigen Fehlversuchen kenne ich jetzt zumindest das Vorgehen, im Moment knausere ich, deswegen Goldlackspray zu kaufen.
(Übrigens, der Schlitten ist natürlich gerade, die Biegung auf dem oberen Foto geht zu Lasten meiner Kamera.)

Links intern:


Links extern: Geschichte der Glashütter Rechenmaschinen-Fabrik
Skizze des Staffelwalzenprinzips
Kurzbiographie von Leibniz, Erfinder der Staffelwalze
Literatur: Martin beschreibt ab S. 6 ausführlich, wie man mit einer Staffelwalzenmaschine rechnet. Die Archimedes wird ab S. 191 beschrieben (Auszug als Scan).
Download:

Eine edle Schönheit! Die dunklen Bereiche rechts unten sind lediglich Lichtreflektionen.

Die linke Unterseite des Schlittens, während des Zerlegens aufgenommen.

Die Glocke des Schlittens ertönt sowohl beim Nullstellen (obige Stahlschiene) wie auch beim Überlauf des Resultatwerks. Hier bereits alles im restaurierten und gereinigten Zustand.

Die rechte Seite des Schlittens von unten, nach der Restaurierung. Die dünnen Blattfedern unterliegen besonders der Materialermüdung, zum Glück war noch keine gebrochen; bei einigen angebrochenen half der Lötkolben.

Oberseite des Schlittens nach der Entmontage.

Die handgefertigten Einstellknöpfe und eines der 32 Ziffernräder, jedes aus 10 Teilen bestehend.

Einstellschieber der Archimedes. Eine Skyline besonderer Art, deren Ästhetik und feinmechanische Raffinesse mir sehr viel mehr bedeutet als Lackreste. Aber um so etwas zu entdecken, statt nur auf den alten Lack zu schauen, muß man schon mal zum Schraubenzieher greifen.

Die um jeweils ein Ritzel versetzt montierten Staffelwalzen.

Das Staffelwalzenwerk (das, was heute Chip genannt wird) von unten. Da es einwandfrei funktionierte, habe ich es nur mit Waschbenzin gereinigt, etwas poliert und leicht geölt.

Unten das Einstellwerk, oben ist der Schlitten ganz hochgeklappt. Er ist lose gelagert, für den Schlittentransport und die Löschung wird er leicht angehoben.

Die Archimedes von unten. Meines Wissens wurde sie nicht mit Bodenplatte gefertigt, es soll jedoch ein Stück Pappe eingelegt worden sein.