Home





Links









Copyright Detlev Bölter

zurück

"Kes-Add" Pocket Adder


Hersteller: The Hart Vance Company, St. Louis 3, MO, USA
Baujahr: ? (ca. 1952)
Seriennummer: keine
Funktion: Vierstelliger Scheibenaddierer mit direkter Subtraktion, ohne Gesamtlöschung
Beschreibung: Im Mai 1944 reichte ein gewisser Elmer G. Kesling ein Patent ein, das erst vier Jahre später, also 1948, bewilligt wurde. Die Patentschrift zeigt einen fünfstelligen Scheibenaddierer mit Löschvorrichtung. Auf dem Markt erschien, vermutlich wiederum einige Jahre später und gebaut von der Hart Vance Company in St. Louis, der unscheinbare, kleine "Kes-Add Pocket-Adder" (Ladenpreis 1,98 Dollar), der im Vergleich zu dem Sterling "Dial-A-Matic" keine große Verbreitung fand. Es war auch ganz anders konstruiert. Der "Kes-Add" wurde nur vierstellig und ohne Gesamtlöschung gefertigt.
Mit 13 cm Breite der kleinste mir bekannte, mehrstellige Scheibenaddierer. Der Vermerk "not a toy" auf der Schachtel zeigt, dass er um Anerkennung als richtiger Rechner werben musste. Er ist sehr simpel gebaut, doch steckt eine Menge Erfindungsgeist darin. Unten ein Ausschnitt aus der Patentschrift, der den Zehnerübertrag verdeutlicht: Für mich eine Wiedergeburt von Schickard's Idee!
Der Kes-Add ist relativ wenig bekannt, mein Exemplar mit Schachtel, Anleitung und Stift ist komplett und sehr gut erhalten. Das Gehäuse ist, wie bei allen Plastik-Scheibenrechnern dieser Zeit, geklebt und deshalb nur gewaltsam zu öffenen. Dies habe ich so lange aufgehoben, bis ich einen zweiten Kes-Add hatte - den ich freilich wieder sorgfältig zusammengeklebt habe.


Anmerkungen: Elmer Kesling zitiert in seiner Patentschrift eine Vielzahl früherer Patente, vereinigte und verbesserte sie jedoch auf seine Weise und schaffte damit den denkbar einfachsten Scheibenaddierer überhaupt - er besitzt nur acht bewegliche Teile!

Nachtrag: Kürzlich erwarb ich eine gelbe Schul- oder Bürovariante des "Kes-Add", ähnlich der Plastikgriffelbox des "Dial-A-Matic". Hergestellt in Lizenz oder vertrieben durch "Hassenfeld Bros." (Hasbro), eines bekannten Spielzeugherstellers. Die Firma brachte auch noch eine Art Plastik-Addiator auf den Markt. Die Ausführung mit dem KES-ADD ist heute selten, da die Box recht zerbrechlich ist.

Links intern: Patent 2,450,668, Elmer G. Kesling 1948
Der Zehnerübertrag in Scheibenaddierern
Links extern:
Literatur:
Download:

Der "Kes-Add"



Der Rechner von Oliver

Aus der Patentschrift. Man erkennt auf der mittleren Einstellscheibe (Skizze links) deutlich den Einzahn (27), der ein Zwischenrad (25) um eine Stelle vorwärts oder rückwärts transportiert. Dieses Zwischenrad greift in das schraffiert angedeutete, nächste Zahnrad ganz links, das unterhalb des nicht eingezeichneten Einstellrads liegt.
Hier finden wir ganz eindeutig die - nunmehr patentierte - Schickard'sche Idee, von der Kesling sicher nichts wusste. Ihm gebührt dabei nicht die alleinige Ehre, denn 1916 wurde bereits das Patent 1,171,535 eines Edd C. Oliver angemeldet, auf das sich Kesling auch bezieht. Die Erfindung Olivers (Skizze rechts oben) kann als Vorläufer des "Kes-Add" angesehen werden, es ist jedoch unbekannt, ob solch ein Rechner je gebaut wurde. Er hat den Nachteil, dass er ohne Zwischenräder arbeitet, die Einstellscheiben also alternierend links- und rechtsläufig sind. Ein ähnliches Patent (450,039) lag übrigens bereits seit 1891 (Zählmaschine von Charles Root) vor.


   (Vergrößerung)

Der Kes-Add zerlegt. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie lange es dauerte, bis die Fertigungspräzision die einfachste Methode des Zehnerübertrags ermöglichte. Wir erkennen unten den Zehnerübertrag per Einzahn, welcher den doppelten Radius aufweist wie die Zahnräder - rechts in Vergrößerung. Da ich die Teile nur gelegt habe, sind die Abstände auf der Abb. nicht so zehntelmillimetergenau, wie es für das Funktionieren nötig ist. In der Bildmitte ist die Einstellrasterung erkennbar, sehr sinnreich mit einer Feder für alle Einstellräder gleichzeitig. Dies hat den Vorteil, dass sich beim Simultan-Übertrag über mehrere Stellen die Widerstand nicht erhöht - eine Idee, die auf den "Pebalia" von 1908 (siehe unten) zurückgeht. Die weißlichen Flecken rühren übrigens von Talkumpulver her, das damals bei den Plastik-Scheibenaddierer die "Schmierung" besorgte.


Wer sich Keslings Konstruktion genau anschaut, wird bemerken, dass es ein Ebenenproblem gibt. Der Einzahn der Einstellscheibe, das Zwischenrad und das Zahnrad der nächsten Einstellscheibe liegen - technisch gesehen - auf einer Ebene. Bei einer benachbarten Einstellung liegt nun jedes Rad funktionell auf einer Ebene höher oder tiefer. Kesling hat eine Stufenbildung dadurch vermieden, dass er die Einstellräder schräg montiert hat, was erst bei sehr genauem Hinsehen auffällt. Dies ist auch bei Olivers Rechner zu finden - sogar noch konsequenter, denn hier liegen die Einstellscheiben zu fast 50% übereinander.

Elmar Kesling kannte das Patent zum "Pebalia". Also hat er den Übertrag per Einzahn möglicherweise auch diesem Patent "entliehen". Laut Martin (S. 292) gab es den "Pebalia" ab 1908 (Ergänzungspatent DE216318), er beherrschte die direkte Subtraktion und wurde von Michael Baum produziert - allerdings ohne großen Erfolg. Der später von Baum produzierte Scheibenaddierer, den Martin öfter lobend erwähnt, beherrschte die direkte Subtraktion nicht. Hier ein Ausschnit aus dem Ergänzungspatent des "Pebalia":


Der "Pebalia", Ausschnitt aus der Patentschrift DE216318.
Siehe auch:http://www.rechnerlexikon.de/artikel/Pebalia