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Orga Constant
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Hersteller: | Bing Werke a.G. Nürnberg |
Baujahr: | ca. 1924 |
Seriennummer: | 2040 |
Funktion: | Vierspezies Sprossenradmaschine 9x8x13, Einstellung per Schieber, mit Einstellkontrollwerk, ohne Zehnerübertrag im Umdrehungszählwerk. Mit Metallhaube. |
Beschreibung: | Martin schreibt: "Diese Maschine trug ursprünglich den Namen "Pythagoras" und wurde von der Firma Maschinenbau Koch, Berlin O 17 hergestellt und vertrieben. Bald darauf aber ging das Herstellungsrecht an die Bing-Werke A.G in Nürnberg über ..." (S. 343). Was Martin nicht erwähnt, jedoch so gut wie sicher ist: Die "Teetzmann" (Martin S. 288) ist die Vorläuferin der Orga. Im Jahre 1913 meldete diese Firma ein britisches Patent (GB000191323816A, Hinweis Depatisnet) für die Einstellschieber an. Eine "Pythagoras" ist, so weit ich weiß, in Sammlerkreisen nicht bekannt. Der Zusatz "Constant" erscheint nicht auf der Maschine, seine Herkunft ist unklar.
Die Bing-Werke (bis dato Hersteller von Blechspielzeug und Teddybären) bzw. dortige Mitarbeiter meldeten 1921 noch zwei Ergänzungspatente an, die auch auf der Maschinenrückseite aufgebracht sind - neben den ausländischen Patenten. Man hoffte auf einen internationalen Markt, was durch die Übermacht der Brunsviga in Deutschland nicht verwundert. Zwei der mir bekannten Orga kommen aus Frankreich. Die Orga Constant stellt eine der seltenen Kombinationen von Sprossenrad mit Einstellschiebern dar, die auch in Serie gingen. Die Einstellung und auch deren Löschung sind äußerst leichtgängig, was einer besonderen Konstruktion der Einstellrasterung zu verdanken ist. Gegenüber der üblichen Bedienung der Sprossenradmaschinen bot die Orga einen Geschwindigkeitsvorteil und höheren Komfort. Die Maschine hebt sich optisch und technisch deutlich von den damals produzierten Sprossenradmaschinen ab. Ein findiger Kopf der Fa. Koch (bzw. Teetzmann) hat sich einige interessante Konstruktionen einfallen lassen, die nicht nur in der Konzeption, sondern auch in vielen Details vom damaligen Sprossenradstandard abwichen. Die Arbeit der Serviceleute scheint allerdings weniger bedacht worden zu sein, die Orga erweist sich als vergleichsweise sperrig gegenüber den Versuchen, zu ihren Eingeweiden vorzudringen. Die ungewöhnliche Technik der heute raren Maschine hat mich natürlich sehr interessiert, ich habe sie im unteren Bildteil - etwas ausführlicher als sonst - dokumentiert. So gern ich Maschinen für die Dokumentation komplett zerlege - bei der Orga habe ich darauf verzichtet, es war mir zu riskant. |
Anmerkungen: | Man findet im Inneren mit abweichenden SN gemarkte Bauteile, vier oder fünf verschiedene. Da ich mittlerweile drei Orga unter meinem Schraubenzieher hatte und sich dies überall wiederfand, gehe ich davon aus, dass die Orga nicht systematisch und durchgehend nummeriert wurden. Wenn also der offizielle SN-Bereich etwa bis 2000 reicht, so sind vermutlich deutlich weniger Maschinen produziert worden!
Ansonsten: Ich weiß nicht, wer außer mir noch eine Orga zerlegt und restauriert hat. Wer nicht über einige Erfahrung verfügt, sollte das auch vermeiden. Die Technik ist zwar durchdacht, doch ein Gräuel für jeden Service-Mann. Ich bin nicht ganz unerfahren, doch ich habe nur für den Ausbau und das Zerlegen der Trommel zwei Stunden gebraucht - natürlich mitbedingt durch die angemessene Vorsicht und fehlende Erfahrung mit der speziellen Mechanik. Dennoch: Die Sprossenräder waren an der Passfedernut gequetscht und nur mit Gewalt abzubekommen. Außerdem mussten für den Ausbau der Trommel zwei Zapfen ausgebohrt werden, die zu ganz anderen Funktionen gehörten, das ist bautechnisch nicht gerade lege artis. Hinzu kommt jene Eigenart, dass man hier und da Schräubchen mit Zwischenmaßen verwendete - und wer hat schon die Maße 1,4, 1,6 oder 1,8 in diesen und jenen Längen und Kopfformen im Ersatzteillager? Auch bei Brunsviga hat das schon Nerven gekostet, wenn diese Schrauben fehlten oder man die Köpfe abgedreht hatte. Das Schloß der Metallhaube war gewaltsam aufgebrochen, damit wurde einiges verbogen. Allein für die Reparatur des völlig demolierten Originalschlosses habe ich drei Stunden gebraucht. Da das Orga-Logo nur aufgedruckt bzw. als Abziehbild aufgeklebt wurde, verschwand es bald dank der Putzlappen des Reinigungspersonals. So jedenfalls ging es meiner und den meisten anderen Orgas. Und damit wird sie zum No-Name - wahrscheinlich steht mancherorts eine unerkannte Orga herum! |
Links intern: | |
Links extern: | Rechnerlexikon/Orga Constant |
Literatur: | Martin S. 343 f. |
Download: | Patent 346147 Patent 363314. Dieses Patent bezieht sich auf die Schlittenverschiebung per Tastendruck statt durch Zughebel. In den mir bekannten Orga wurde es umgesetzt, der Tastendruck erfolgt auf jene links unten erkennbaren Hebel. Sie sehen nur noch aus wie Zughebel, die in der Patentschrift erwähnten Tasten "R" und "L" wurden nicht angebracht. Patent GB 231093 (englisches Patent) für diverse Sperrvorrichtungen. |
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Hier wurde für Fotozwecke ein Ziffernrad auf die Achse geschoben, rechts daneben der übernächste Zehnerhebel. Roter Kreis rechts unten: Dieser Zapfen läuft innerhalb des links benachbarten Ziffernrades. Beide Pfeile zeigen auf den gleichen Zapfen, beim unteren Pfeil ist der zugehörige Zehnerhebel noch heruntergeklappt. Roter Kreis links: Der Zapfen im Ziffernrad drückt den Zehnerhebel nach hinten. Dabei wird der Hebel um einen Dreikant gekippt (oberer roter Kreis). Der kleine Stift ist dabei, ähnlich dem odhner'schen Original, in einer Bohrung federnd gelagert. |
Eine andere Perspektive des linken Fotos. Der Pfeil zeigt auf den erwähnten Zapfen des Zehnerhebels, der innerhalb des benachbarten Ziffernrades auf den Übertrag "wartet". Im roten Kreis ist die Rasterung erkennbar. Der Rasterhebel hält das RZW-Ziffernrad in Position und gleichzeitig, mit dem Messingzapfen, den Zehnerhebel. |
Die Unterschiede zur klassischen Odhner-Trommel: Die Zehnerhebel-Rückstellung des Schlittens erfolgt durch aufgebrachte Zapfen (blau), die Einstellung erfolgt über kleinere Zapfen an den sog. Kurvennutscheiben (rot), siehe auch die untere Abb. Die durchlaufende Stange, die von außen gesteuert wird (grün), dient nicht etwa als Einstellsperre, sondern für die Kopplung und Entkopplung der Einstellrasterung aller Sprossenräder gleichzeitig.
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Zu den Serviceproblemen der Orga zählt auch, dass die Trommel nicht nur schwer auszubauen, sondern auch nur mit Mut zum Risiko zu zerlegen ist. Unter anderem ist die Führung jedes Sprossenrads nach dem Einbau gegen das Verschieben an die Achsnut gequetscht worden (gelber Pfeil). |
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Bis zu diesem Punkt habe ich die Baugruppen getrennt. Vieles ist vernietet und verzapft, also nicht sehr servicefreundlich geplant. Man erkennt auf den ersten Blick, welcher Aufwand an zusätzlichem Gestänge erforderlich ist, bedingt auf die vorgelagerten Funktionen der Schieber und des Schlittentransports. |
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Das Ganze von unten: Die gelben Pfeile zeigen den Anfang (Zughebel rechts) und das Ende (waagerechte Stange) der Einstelllöschung über die Scherenmechanik. Oben die Welle, die über den Daumenschalthebel links für diverse Sperren bzw. Lösung von Sperren zuständig ist. Diese Welle muss verschoben werden, will man die Trommel oder den rechten Seitenträger ausbauen. Dazu muss man an den mit blauen Pfeilen markierten Stellen 15 mm lange Zapfen entfernen, was ein mittleres Problem ist. Herauszutreiben sind sie nur von oben, doch dort sitzt die Trommel. Jeder "Schrauber" unter uns weiß, wie gerne zarte 1 bis 2 mm - Bohrer bei derartigen freihändigen Aktionen brechen und schlimmstenfalls im Bohrloch steckenbleiben ... Man sieht, dass der Maschinensockel aus einem Gussstück gefertigt wurde. |
Eingefärbter Ausschnitt aus einer der Patentschriften. Blau: Einer der Einstellschieber, gelb: das Sprossenrad. An den rot markierten Stiften bewegt der Einstellschieber den Einstellring des Sprossenrades. Beim Lösen der Kurbel aus der Nullstellung wird der grüne Hebel nach unten gezogen, dadurch gerät der Schieber aus dem Bereich des Sprossenrades. |
Hier erkennt man oben rechts im Haubendeckel einen Teil der Filzpolster. Außerdem - etwas anachronistisch anmutend - den Holzsockel, mit dem die Maschine verschraubt ist. Er ist keine reine Dekoration, denn ohne eine Erhöhung wäre der Daumenschalthebel nicht nach unten zu kippen. Eine ähnliche Aufsockelung findet man auch bei der "Berolina". |