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The (Standard Desk) Calcumeter

Hersteller: Herbert North Morse, Trenton, New Jersey, USA (anfänglich "Morse & Walsh Co.")
Baujahr: 1901 bis ca. 1914
Seriennummer:
Funktion: Scheibenaddierer, mit Zehnerübertrag für die Addition
1. Modell "The Calcumeter": ohne Reset-Funktion (ab 1901)
2. Modell "The Standard Desk Calcumeter": mit oder ohne Reset-Funktion (ab 1910?)
Beschreibung: Etwas zur Vorgeschichte des Calcumeters:
Nachdem Wilhelm Schickard bereits 1623 den beidseitig funktionierenden Zehnerübertrag erfand, hatten nachfolgende Konstrukteure wie Pascal damit einige Schwierigkeiten, vermutlich wegen der notwendigen Präzision. Der von J. J. Walsh 1901 patentierte und von Herbert N. Morse ab 1903 gebaute Calcumeter war der Vorläufer einer Reihe von Kleinaddierern (Scheibenaddierern), die Ende des 19. Jahrhunderts in den USA und später in Europa entwickelt wurden. Diese Art von Kleinaddierern erlaubte den lediglich einseitigen Übertrag per dekadischem Zahnrad, wie er von der Pascaline her bekannt war. Es gab Vorläufer des Calcumeter, die sich aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit oder von der Bedienungsfreundlichkeit her nicht durchsetzen konnten. Archibald Stephenson hatte zwar Schickards Lösung per Einzahnübertrag in beide Richtungen wiederentdeckt und 1873 patentieren (US137,107), jedoch nicht in Serie produzieren lassen. Selbst 300 Jahre nach Schickard reichte wohl die Fertigungsgenauigkeit noch nicht aus. Der Durchbruch gelang erst dem Calcumeter, der sich mit der Addition begnügt, jedoch technisch hervorragend konstruiert ist. Er ist einer der ganz wenigen Scheibenrechnern, die kein Zwischenrad für den Zehnerübertrag zwischen den Einstellrädern verwenden, sondern eine Art Schieber, noch ganz analog zum Vorbild der Pascaline.

Der Übertrag im Calcumeter erfolgt nur bei Addition (siehe Zeichnung unten). Für die Subtraktion ist das umständliche Rechnen mit Komplementärzahlen notwendig. Dennoch sei, zumindest nach einer wohlmeinenden Werbung der Firma Morse, mit dem Calcumeter der durchschnittliche Rechenbedarf eines Büros oder eines Buchhalters abzudecken!

Die Eingabe erfolgt im Uhrzeigersinn mittels Stift, gegenläufige Korrektur ist nicht möglich. Es gab zahlreiche Ausführungen, auch mit nichtdezimalen Maßeinheiten und für englische Währung, diese mit oder ohne Löschvorrichtung sowie weitere fraktionierte Modelle "für Architekten" und Sonderanfertigungen. Die Preise lagen zwischen 15 und 45 Dollar, das entspricht der heutigen Kaufkraft von ca. 250 - 750 Euro. Die größeren Modelle wie auch die Ausführungen mit fraktionierten Werten sind heute sehr selten - einen mehr als neunstelligen Calcumeter habe ich ohnehin noch nicht gesehen. Die fünf - bis achtstelligen Ausführungen waren Standard, und nur diese waren laut Booklet (rechts, von einem der etwas späteren "Standard Desk Calcumeter") Lagerware, die übrigen wurden nur nach Bestellung gefertigt. Allerdings ist heute auch das kleinste - das fünfstellige - Modell des Calcumeter recht selten.

1. "The Calcumeter" (erstes Modell): Es gibt noch keine Löschvorrichtung über alle Stellen. Da eine Linksdrehung nicht möglich ist, müssen immer alle Einstellungen, von rechts nach links einzeln gelöscht werden. Das Einstellen der Null löst ja stets den Übertrag nach links aus.

Die ersten Calcumeter (bis ca. SN 6000) wurden messing-brüniert, also unvernickelt gefertigt. Zwischen den SN 6000 und 7000 gab es unvernickelte und vernickelte Modelle nebeneinander, mein ältestes fünfstelliges Modell (SN 6208) ist vernickelt, mein ältestes sechsstelliges Modell (SN 6334) ist hingegen noch unvernickelt.
Die Messingausführungen (und die ersten vernickelten Calcumeter) trugen noch weiß eingelegte Einstellziffern, wie die ersten Brunsviga-Modelle. Links ein frühes, selten gut erhaltenes Modell (SN 8989). Gut erkennbar auch der Originalstift: Er bestand aus einer Metallkappe, die man über einen Bleistift klemmte. Die Einstellräder sind aus Messing, teilweise verkupfert. Ihre Ziffern waren zuerst schwarz, später rot eingelegt, das behielt man dann bis zum Produktionsende bei.

Die Anzeige ganz unten, vermutlich von 1913, erwähnt 48 (!) verschiedene Modelle. Die Bewerbung wurde 1914 eingestellt - was vielleicht bereits auf das Produktionsende hinweist, das im allgemeinen mit 1920 angegeben wird. Möglicherweise war der über die ganze Produktionszeit unverändert per Hand gefertigte und relativ teure Calcumeter dem Calculator auf Dauer nicht gewachsen.


2. "The Standard Desk Calcumeter" (US patent Nr. 897688 von 1908): Der Calcumeter mit jetzt erweiterter Bezeichnung ist weitgehend baugleich, jedoch um die Gesamtlöschung erweitert - damals wurde das sicher sehr willkommen geheißen. Die Ausnahme war die kleinste, fünfstellige Ausführung, die weiterhin keine Resetscheibe erhielt.
Alle Stellräder sind jetzt durch Zahnräder ohne Zwischenräder untereinander verbunden. Diese Zahnradserie wird von der Reset-Scheibe angesteuert. Durch Rechtsdrehung werden zunächst jene Stellen auf die Ziffer Neun transportiert, die rechtsherum mitdrehen - das ist jede zweite Stelle. Eine erneute Löschungdrehung um 360°, jetzt linksherum, transportiert die übrigen, erst jetzt rechtsdrehenden Zahnräder auf Neun. Zum Schluß, per Zehnerübertrag über alle Stellen, stellen sich sämtliche Neuner auf Null.

Die Bedienungsanleitung des "Standard Desk Calcumeters" enthält eine Tabelle nunmehr 29 lieferbaren Ausführungen (s. Abb. rechts). Er wurde 6 bis 12-stellig mit Reset-Scheibe (Löschung) gefertigt. Lediglich das kleinste, fünfstellige Modell hatte weiterhin keine Löschvorrichtung.

In der Original-Anleitung zu meinem fünfstelligen "Standard-Desk" fand ich einen von Hand getippten, offensichtlich firmenseitig eingeklebten Zettel mit dem Hinweis, wie man die Löschung ohne Reset-Dial bewerkstelligt (Foto links).

Die Angaben bei Martin sind korrekturwürdig und beschränken sich auf den eigentlichen "Calcumeter". Laut Martin wurden wenige Maschinen des "Calcumeters" nach Deutschland exportiert, diese kosteten hier RM 100 - ein sehr hoher Preis. Über die Verbreitung des "Standard Desk Calcumeter" in Deutschland liegen keine Daten vor. Da Seriennummer über 120.000 bekannt sind, war der Calcumeter wohl recht beliebt. Allerdings ist es sehr fraglich, ob dies die Zahl gebauter Rechner war. Bis 1907 wurden nach Firmenangabe 25.000 Stück gefertigt.

Ich habe alle meine amerikanischen Scheibenaddierer zerlegt und geprüft, doch keine erreicht die Qualität und Haltbarkeit des Calcumeter. In der Leichtgängigkeit im simultanen Zehnerübertrag über trifft er die verschiedenen, später gebauten "Lightning" - Modelle und den etwa zeitgleichen "Calculator" aus Grand Rapid bei weitem. Auf den Fotos unten erkennt man die aufwendige Mechanik, die mit leichtestem Federdruck auskommt. Das Gehäuse ist aus vernickeltem Messing, die Scheiben sind ebenfalls aus Messing, zum Teil verkupfert.



Anmerkungen:

Ich habe die Maschinchen (im Regal stehen mittlerweile zwölf verschiedene) alle zerlegt, gereinigt und überholt. Mechanisch sind die Calcumeter meist völlig in Ordnung, sie funktionieren wie am ersten Tag. Probleme bereiten höchstens ausgehakte Federchen und Verklebungen, verschleißbedingte Fehler sind nur ab und zu bei den Modellen mit Reset zu finden. Dieser Reset stellt eine äußerst geschickte Lösung dar, konnte man doch das technische Grundprinzip und die wesentlichen Bauteile fast unverändert lassen. Allerdings wurde die Herstellung viel aufwändiger.
Ganz unten sind einige Anzeigen abgebildet. Aus einer weiteren Werbung: "The construction is of such high-grade workmanship that it will endure constant use for an ordinary business lifetime without additional expenses." Die Bedienungsanleitung (die ich druckgerecht anbiete), liest sich ebenso nett.




Links intern: Patent 689,255 von James Walsh 1901 (Quelle).
Der Zehnerübertrag in Scheibenaddierern
Bedienungsanleitung
Links extern: Homepage von Rainer Atzbach
Literatur: Martin S. 139 f.
Download:


1. The Calcumeter

Der Übertrag, der beim späteren "Standard Desk Calcumeter unverändert blieb:
Auf beiden Achsen 9 ist je eine (bezifferte) Einstellscheibe gelagert, die zur Übersicht jedoch nicht eingezeichnet wurde. Teil 23 ist der Einzahn, der die Wippe 15 am Punkt 22 nach links drückt. Hier nicht erkennbar: Er sitzt natürlich - ebenso wie die Rasterung 9 - auf der Einstellachse befestigt; das oben liegende Einstellrad selbst ist auf der Skizze weggelassen.
Die Wippe 15 ist auf der oberen Schraube 17 drehbar gelagert. Der Einzahn 23, drehbar auf Achse 9 gibt den Zehnerübertrag zunächst auf Teil 15 weiter, die Klinke 20 transportiert 12, also die nächste Stelle links, um eine Stelle weiter. 14 ist die Federsperre für Zahnrad 12.
Die Leichtgängigkeit wird durch äußerst feine Federn gewährleistet, die Rasterklinke 14 muss für den Übertrag nur etwa einen Millimeter und über einen sehr spitzen Winkel gehoben werden. Auch die (verstellbare!) Federung der Wippe ist gerade so stark, dass diese nicht von selbst nach links fallen kann. Einzahn 23 besorgt über die Rückstellung an Hebel 24 die eigentliche Rückstellung der Wippe. Das Prinzip des Einzahns, der auf eine Wippe oder einen Hebel wirkt und so den Zehnerübertrag über eine Zwischenstation auslöst, können wir schon bei der Pascaline beobachten (siehe oben).
Die Minimierung der für den Übertrag notwendigen Federkraft ist ein herausragendes Merkmal des Calcumeters. Damit wird ein simultaner Übertrag über 12 Stellen möglich, was für andere Scheibenaddierer unerreichbar blieb.


Zehnerübertrag (A) und Einstellsicherung (B) im Detail, hier bei einem geöffneten "Standard Desk", also bereits mit Resetfunktion, die hier fast nicht erkennbar ist.. Der recht aufwändige Mechanismus (man vergleiche z.B. mit den "Addometern") erschließt sich freilich erst beim Zerlegen und Beobachten. Der Übertrag erfolgt noch durch Hebel - wie bei der Pascaline, doch technisch besser gelöst. Diese Hebel arbeiten unterhalb der Einstellscheiben und erlauben eine engere Positionierung als wenn man Zwischenzahnräder verwenden würde.



2. The Standard Desk Calcumeter


Hier eine sechstellige Ausführung in ganzer Breite. Der Resetmechanismus arbeitet mit gegenläufigen Zahnrädern, was bei Modellen ab 8 Stellen einigen Kraftaufwand erfordert. Der Mechanismus hat seine Schwächen in der Kraftübertragung durch relativ enge Stiftdrehung auf der Resetscheibe und durch den Reibungswiderstand der Zahnräder auf dem Gehäuseboden. Für eine Zugstange ließ die Konstruktion keinen Platz.
Man erkennt die Zahnräder rechts, am Boden der Restscheibe und der ersten Einstellscheibe.

Beim teilzerlegtem Mechanismus:

Die (hier verdeckten, senkrecht gelagerten) Spiralfedern der Hebel bei den Punkten 1 bis 3 sind schwach ausgelegt (im Bereich weniger Gramm), so dass die geringste Verschmutzung die Achse blockiert. Andererseits ist es gerade die Schwäche der Federn, die den Zehnerübertrag bis zu 12 Stellen hinweg ermöglicht und jeden Verschleiß verhindert. Die Feder der Übertragswippe lässt sich sogar auf den minimal nötigen Druck justieren (Abb, Punkt 1). Also muss man auch die Federn gut reinigen, ev. sogar leicht ölen. Kreisförmig um ihre Achse arbeitende Spiralfedern besitzen ja einen inneren Reibungswiderstand - wenn auch sehr gering.
Folgende Stellen müssen sorgfältig gereinigt werden. Funktioniert ein Calcumeter nicht, so liegt es in aller Regel an Verklebungen dieser Achsen:

1: Die Achse für die Wippe 15 (siehe Patentskizze.)
2: Rasterklinke 14
3: Achse der Klinke 20. Dies ist das einzige nicht zerlegbare Teil; der genietete Zehnerübertragshebel muss mitsamt der ganzen Wippe 15 solange in Lösungsmittel bewegt werden, bis er leichtgängig ist.
4: Hier sind nach Abnahme des Löschzahnrads deutliche Verklebungsschlieren sichtbar. Der Effekt addiert sich über alle Stellen und hat bei dieser Maschine die Löschung vollständig blockiert.
Anzumerken ist, dass auch nach der Reinigung der 9-stelligen Maschine die Resetfunktion hinweg relativ schwergängig war - was daran lag, dass ich zunächst frisches Öl verwendete. In solchen Fällen kann Öl durch flächige Haft- oder Saugwirkung sogar bremsend wirken. Es half nur erneute Demontage, Reinigung und Zusammenbau ohne Öl. Dennoch ist die Löschung über 9 Stellen ziemlich kraftaufwändig, bei den noch höherstelligen Modellen vermute ich, dass die Resetscheibe größer ausfiel.




Meine kleine Sammlung:


 

Später hinzugekommen:

 

Eine heute sehr seltene, frühe Version des Calcumeters, hier SN 6334, mit unvernickeltem Gehäuse samt 100 Jahre alter Patina bzw. Resten der Schwarzbeize, die ich beließ, und noch mit "Morse&Walsh" gemarkt (siehe die erste der Werbeanzeigen unten).

 

 

                      

Ebenfalls aus sehr früher Produktion, jedoch bereits mit vernickeltem Sockel und vernickelten, farblich nicht unterschiedlichen Ziffernrädern. Ein ungewöhnliches Exemplar. Als das einzig mir bekannte besitzt es Komplementärzahlen, wobei das rechte Ziffernrad, anders als andere Scheibenaddierer kein Neuner-, sondern das Zehnerkomplement zeigt, was die Eingabe des Subtrahenden erleichtert. Auch der Rand des Deckels ist abweichend gefertig, etwas dünner und mit umlaufender Schmuckrille geprägt. Anders als der Sockel und die Ziffenräder ist er nicht vernickelt. Man erkennt zudem, dass der Deckel nicht völlig exakt auf die Ziffernräderräder passt, nach links hin wird er etwas ein bis zwei Millimeter zu breit.
Die Mechanik des Zehnerübertrags (Foto Mitte, oben) entspricht bis auf das Teil 22 exakt der Patentschrift (Abb. rechts), während spätere Modelle Veränderungen aufweisen (Foto Mitte, unten), die bis zum Schluss der Fertigung beibehalten wurden. Der Calcumeter trägt keine Seriennumer und keine Herstellermarkung, sondern nur die Patent-Datumsprägung - auch dies abweichend von späteren Modellen, dass statt "Dec 17/01" lediglich das Jahr "01" gemarkt ist.
Das Teil Nr. 22 (Patentzeichnung), das den Übertrag aufnimmt, ist - aufwändiger als in der Zeichnung und in allen übrigen Modellen verbaut - noch als drehbarer Ring gefertigt. Dies alles darf als Hinweis auf ein frühes Einzelstück, vermutlich als Probefertigung, gewertet werden.

 


 

 

Weitere Modelle :

 

Die Ausführungen für angelsächsische Längenmaße und Währung sind selten zu finden. Quelle: Ebay).

Der Ebay-Text zum untersten Calcumeter: AN EXTREMELY RARE CALCUMETER MACHINE MADE FOR THE ENGLISH MARKET. IT HAS 7 DIALS AND ADDS OLD LSD. CURRENCY.
STARTING AT THE RIGHT HAND SIDE IT HAS 4 NUMBERS FOR FARTHINGS, 12 NUMBERS FOR PENNIES, 20 NUMBERS FOR SHILLINGS AND 4 WHEELS FOR POUNDS.
4 FARTHINGS = 1 PENNY, 12 PENNIES = 1 SHILLING, 20 SHILLINGS = £1.


 

Das Urmodell der Serienfertigung?

Kürzlich wurde bei Ebay das früheste Modell versteigert, das ich bisher sah, es trägt die Seriennummer 786, ist unvernickelt und trägt den Modellnamen nicht auf der Deckplatte, sondern vorn. Die Deckplatte besitzt einen erhabenen Rand, die Farbfolge der Ziffernräder erscheint ungewöhnlich. Vermutlich wurden bei einer Reparatur o.ä. das dritte und vierte Rad v. l. gegeneinander vertauscht.
Diese frühen Modelle sind extrem selten, mir ist kein Vergleichsmodell bekannt.
Leider hat der Eigentümer den Versand nach Übersee ausgeschlossen, zu gerne hätte ich dieses Modell näher untersucht.

  

Alle Anzeigen: Gefunden bei Ebay USA